THEES UHLMANN
Gerade auch außerhalb von HipHop sollte eine Platte mit einer Ansage öffnen. Also so Richtung: „Wer bin ich!“, „Wo war ich!“ oder „Ey, wie sehr knallen meine neuen Songs alle Platzhalter-Künstler, die sich von hinten an den Thron geschlichen haben, weg!“ Alles mit Ausrufe- statt Fragezeichen, versteht sich. Der Opener von Thees Uhlmanns dritter Solo-Platte ist eine solche Zustandsbeschreibung. Er sagt, was Sache ist. Und zwar: „Fünf Jahre nicht gesungen“.
Eine Auf- und Umbruchphase, davon erzählt nun „Junkies & Scientologen“. Trotzdem ist es keine explizit politische Platte geworden. Simon Frontzek und Rudi Maier, die Uhlmann für diesen Neuanfang als Produzenten wie Musiker dabei haben wollte, haben ihn gepusht, ausschließlich Stücke zu schreiben, die ihm persönlich unglaublich nah sind. Das hört man sofort. Diese berührende Distanzlosigkeit ist ja auch genau das, was man als Hörer bei Thees Uhlmann sucht. Jemand, der wirklich zu einem spricht.
Man findet auf „Junkies & Scientologen“ keinen Rock’n’Roll, der sich passgenau ins Instagram- Gegenlicht stellt, man begegnet eher der Frage, was ist eigentlich noch übrig von unserer Indie- Kuschelszene. Die Antwort: Tja, friends, da ist jetzt ein Airbnb draus geworden – aber gute Nachricht, es liegt der schicke Lo-Fi-Filter drüber. Ey, Herzlike!
Thees Uhlmann reißt das alles ein. „Junkies & Scientologen“, der Titel liefert bereits die Antithese zu einst spröder Solo-Schlichtheit (erstes Album selbstbetitelt, zweites hieß pragmatisch „#2“). Hier kommt frei nach John Irving „Thees und wie er die Welt sah“. Der titelgebende Song führt durch Reihen von Menschen, mit denen man sich die Stadt – und damit auch ein großes Stück Leben teilt. Thees Uhlmann schreitet aber hier nicht nur sein eigenes Viertel ab. Denn Planet Kreuzberg, Metropole oder Provinzkaff – so viel Unterschied macht es gar nicht. Hinter den Fenstern, auf den Straßen sehen wir ihn plötzlich wirklich, den rastlosen Flashmob irgendwie rührender Typen, Junkies, Scientologen, müde Krankenschwestern, Schornsteinfeger im Pech, die letzten Punks. Diese Platte überwindet den filterbubbligen Tunnelblick, endlich mal wieder 16:9 – statt Insta-Story-Hochkant.
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